Digitalisierung unter Bäumen

Bericht vom ersten Digital-Tag Mittelstand 4.0 in Eberswalde

Dieser Blogpost erschien zuerst auf dem Blog von Leanovate

Lego im Mensa-Foyer? Menschen im Business-Outfit? Am Dienstag, den 3. September bin ich Gast auf dem ersten Digital-Tag des Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrums Cottbus an der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung in Eberswalde. Der Untertitel der Veranstaltung: “Welche Lösungen stehen bereits in der Startlöchern?”. Die Veranstaltung soll Unternehmen bestehende digitale Lösungen vorstellen, welche schon jetzt existieren und umgesetzt werden können, so die VeranstalterInnen. Mag sich dieses Ziel gut in einem Förderantrag lesen, so ist es für eine Veranstaltung doch recht unkonkret. Dennoch bleibe ich neugierig.

Der überwiegende Teil der etwa 25 TeilnehmerInnen stammt aus Institutionen, wie den beteiligten Hochschulen oder aus Weiterbildungswerken. Eine weitere große Gruppe sind Berater aus dem digitalen Umfeld. Die zahlenmäßig kleinste Gruppe sind Menschen aus den eigentlich angesprochenen Unternehmen. Ob damit das selbsterklärte Ziel des Tages erreicht werden kann, bleibt dahingestellt. Für mich ist der Tag durch sein spannenden Diskussionen und die Möglichkeiten zum Netzwerken trotzdem ein Gewinn.

Herzstück der Veranstaltung sind vier Thementische mit Gastgebern zu den Themen “Agile Führung”, “Rückverfolgbarkeit mit RFID”, “SEO” und “E-Recruiting. Alles soll entlang der fiktiven Woodbloxx GmbH präsentiert werden. Die jeweiligen Themenexperten sollen dann in einem kurzen Pitch auf ihr Thema hinweisen. Leider sind diese nicht zwingend auch Experten im Pitchen, so dass die Einführungen nicht allen besonders dynamisch gelingen mag. Anschließend kann sich jedeR TeilnehmerIn drei Themen aussuchen und die Tische besuchen. Dass an den Tischen das jeweilige Themenfeld mit Lego symbolisiert ist, eröffnet den TeilnehmerInnen neue Perspektiven und bietet einen Anker für interessante Gespräche. Hier geht es dann also wesentlich lockerer zu. Im Anschluss werden die Ergebnisse im Plenum zusammengefasst. Tenor der TeilnehmerInnen ist, dass die Vernetzung untereinander wichtiger ist, als stupide zu versuchen, Lösungen zu kopieren.

Am Spannendsten bleiben für mich die Diskussionen am Tisch von Klaus Schein zum Thema “Agile Führung”. Dabei fällt mir auf, dass viele Begriffe aus meinem Alltag, wie VUCA-World, Menschenbild-X/Y oder Delegationslevel noch nicht in der Realität der Wirtschaftsförderer, Bildungswerker oder der Forscher angekommen sind. Dass aber genau diese Gruppen das Rückgrat der vielen Initiativen rund um Mittelstand 4.0 und die Digitalisierung bilden, stimmt mich zumindest nachdenklich. In einer komplexen Welt mit entsprechend komplexen Problemen, werden sich, meiner Meinung nach, viele Probleme nicht allein durch Fachwissen lösen lassen. In meinen Augen ist der Fokus falsch gewählt, da er immer noch auf diesem Fachwissen liegt, statt auf der Entwicklung von Kompetenzen im Lösen von komplexen Problemen.

Mein Fazit: Eberswalde ist nur 60 Kilometer von meinem Arbeitsort in Berlin-Kreuzberg entfernt. Manchmal fühlen sich diese 60 Kilometer sehr weit an. Hoffnung spendet, dass die wenigen anwesenden UnternehmerInnen in der Regel viel weiter sind und sich ganz selbstverständlich mit neuen Herausforderungen auseinandersetzen.